Ein Mann ist gestorben

Heute ist ein Mann gestorben. Ich war die ganze Zeit dort, es ging ganz schnell, es hat mich sehr bewegt. Die Frauen haben laut geweint und geschrien, die Männer laut gebetet und der gestorbene Mann lag auf seinem Bett und sah völlig entspannt aus. Sie haben den Mann dann nach Hause gebracht, mit dem Auto, seine Frau, eine weitere Frau und ein Mann auf dem Rücksitz, ein Mann im Kofferraum und der gestorbene Mann auf dem Beifahrersitz.

Mein zweiter Tag im Praktikum. Schon jetzt sehe ich vieles, das neu für mich ist.

Heute habe ich fast nur englisch gesprochen. Das Centre ist dreisprachig. Die Ärzte und das diplomierte Personal kommen hauptsächlich aus der englisch sprachigen Gemeinschaft. Die Patientinnen und Patienten sind mehrheitlich französisch oder patoit sprechend. Es ist ein lustiger Mix. Während das Französisch als solches recht gut erkennbar ist, ist es mit dem Englisch wesentlich schwieriger. Der Afrosound ähnelt dem Englisch, das wir kennen, nicht besonders.

Nun bin ich zu Hause, habe meine Arbeitsschürze gewaschen und warte nun, bis alle Kessel wieder mit Wasser gefüllt sind. Das dauert. Nachher gehe ich noch etwas raus, einkaufen und vielleicht noch ein paar Schritte spazieren.

Das sind Assana und Omar

Mein erster Arbeitstag

war ein Schock. Hier willst Du nicht gebären.

Stell Dir vor, Deine Hebamme ist ein junger Mann, der Arzt ein Kind und die Pflegehelferin sehr laut. Stell Dir vor, immer wieder geht die Türe auf und jemand kommt rein, oder geht raus, die Anwesenden diskutieren, lachen, der Arzt lässt seine Finger in deiner Scheide, der Hebammer zupft an Deinem Bauch um die Wehen anzuregen, sie lachen weiter, diskutieren über die Vorteile acht Frauen zu heiraten, der Arzt und der Hebammer tragen Gummistiefel und dicke Plastikschürzen. Stell Dir vor sie leiten Dich mit den Worten, scheiss endlich, zum Pressen an. Und nun stell Dir bitte nicht vor, dass das eine Metzgerei ist, es ist ein Gebärsaal.

Auch nach der Geburt wird es in keiner Weise besser, der Horror geht weiter. Stell Dir vor, dass die Frauen nichts anderes kennen, es ist normal.

Ich war bei der grossen Visite dabei. Das ist eine Show wie in einem uralten Film.

Im Centre de santé de l’arondissement hat es ein Labor, eine Apotheke (in einem kleinen Kabäuschen), einen Operationssaal (etwas gruslig), einen Gebärsaal (sehr gruslig) eine Beobachtungsstation mit vier Betten, gemischt, ein Männer- ein Kinder- und einen Frauensaal, eine Risikoschwangerenabteilung mit zwei Betten, ein Wehenzimmer mit zwei Betten und das Wöchnerinnenzimmer mit etwa sechs Betten. Es ist also ziemlich gross.

Auf dem Areal findet man noch Felder wo die Pflegefachleute Mais anbauen können. Der Lohn ist nämlich hundsmiserabel.

Bei den Schwangerenkontrollen hat heute eine Frau auf einen Schlag acht Jahre ihres Lebens verloren. Der Hebammer fragte sie, wie alt sie sei. 22 war die Antwort. Dann fragte er nach ihrem Geburtsdatum und Jahr. 1989 sei sie geboren, sagte sie, was ihr einen ziemlich verwirrten Blick sowohl vom Hebammer, wie auch von mir einbrachte. Der Hebammer klärte sie dann über ihr Alter auf, verwirrter Blick von ihr…

Es wird eine harte Woche werden. Aber etwas habe ich heute gelernt. In Ngoundou wird eine Geburtshilfe angeboten werden, die über die Grenzen des Arondissements hinaus berühmt werden wird. Dänu kann schon bald eine Matérnitée bauen und dort werden die Hebammen und die Frauen sagen wie sie sich Geburtshilfe vorstellen. So schlimm das erlebte war, es hat eine sehr gute Seite. Ich weiss jetzt genau warum ich hier bin!

Letzte Nacht hatte ich übrigens Ruhe. Ich weiss jedoch noch nicht ob meine Isolation dafür verantwortlich ist, oder ob die Disco gestern wegen Regen leiser war.

Der erste Sonntag

Die letzte Nacht war gelinde gesagt brutal. In meiner heissgeliebten Disco plärrte ein übermotivierter, ausdauernder Animator bis um 05h (nicht zu verwechseln mit 17h) in sein Mikrofon. Dann endlich, so etwas wie Ruhe, bis… ab halb sieben schrie das ebenso heissgeliebte Nachbarskind eine gefühlte Stunde lang wie am Spiess.

Dies führte unweigerlich zu intensiven Recherchen über die Bewegungen von Schall. Was logischerweise den Kauf von sechs dicken Kissen rechtfertigte, die ich nun zwischen Fenstergitter und Scheiben gestopft habe. Der erste Eindruck ist nicht schlecht. Es ist ruhiger und kühler.

Assana und Susle

Ja, ich habe Assana getroffen. Das heisst, sie hat mich besucht. Ich denke, wir werden gut zusammen arbeiten können. Assana ist auch Hebamme.

Eigentlich wollte ich noch ein Foto von Omar und Assana hochladen. Aber dieses inniggeliebte WordPress lässt nur 2 MB zu und das hochgeliebte Handy macht nur schwere Fotos. Vielleicht weiss eine (oder auch einer) von Euch wie es geht.

Der Dorfchef war aber nicht zu Hause. Omar kam dort in den Sinn, dass der Chef jeden dritten im Monat eine Familienrenunion hat. Aber ich habe wenigstens schon sein werdendes riesen Haus und die drei kleinen Häuschen seiner drei Frauen gesehen.

Morgen um 07h10 fahre ich los in mein Praktikum. Drückt mir die Daumen.

Heute

Das war nun mein erster ganzer Tag in Koutaba. Omar (ich weiss nicht, ob ich ihn schon vorgestellt habe, er ist der Projektleiter vor Ort) sass vom Morgen bis in den Abend mit mir am Küchentisch und zusammen haben wir gearbeitet, diskutiert, gearbeitet …

Omar findet es sehr schlimm, wenn Kinder mit Behinderung geboren werden. Er hofft, dass das mit dem Centre nicht mehr passieren wird. Leider konnte ich ihn nicht wirklich beruhigen.

Er würde am liebsten alles mit Untersuchungen und Geräten lösen. Geht nicht.

Wir waren auf dem Markt:

Nix Wintergemüse, Auberginen, Tomaten, Kartoffeln und Zwiebeln. Es war sehr fein.

Ansonsten war der Tag anstrengend. Ich muss mich daran gewöhnen, dass die Privatsphäre erkämpft werden muss … ich schaffe das.

Heute habe ich die Frauen in der Näherei besucht. Ich werde mir hoffentlich bald einen Rock nähen lassen.

Morgen besuche ich endlich den Chef du village. Auch Assana (die Chefinfirmière) lerne ich morgen kennen (inshallah).

Koutaba

Die Fahrt war lang, aber auch sehr schön. Die Landschaft sehr grün, viele Hügel und viel Sicht. Es hat mir gefallen und erst die letzten 50 Kilometer war langsam die Luft draussen. Ich war eingestellt auf eine mühsame, anstrengende, holprige und staubige Fahrt. Nichts ist eingetroffen, oder fast. Einmal fuhren wir durch die Péage, mussten bezahlen, und danach hatte es Löcher in der Strasse wie vorher nie. Ich fragte Simplice, ob wir fürs Löcher machen bezahlt haben. Er fand die Idee lustig. Etwa eine Stunde später, waren Bauarbeiter auf der Strasse und haben tatsächlich mit einer Maschine Löcher in die Strasse gestampft.

Unterwegs haben wir Zebu und gebratene Banane gegessen und eine Frucht die Cola heisst und sehr bitter ist und nicht wirklich schmeckt. Aber die Frucht ist gut für die Verdauung, immerhin.

Und nun bin ich hier:

Das ist der Blick von meinem Balkon. Es ist sehr lebendig und gibt viel zum Gaffen… etwas was ich liebe. Mit dem Container kam übrigens das Lindenhofgebärbett. Der grosse Stolz.

Hier gab es mein Abendessen, gebratener Mais, schwarze Früchte (fruits noirs), die heissen so, sehen aus wie Oliven und sind ein bisschen wie diese, nur süss, mit einem schönen glatten Kern und zum Dessert gab es Banane roh.

Hinten im Gang rechts, dort ist mein Zuhause für die nächsten drei Monate. Im Moment sitze ich auf dem Bett, unter dem Mückennetz und schreibe. Es ist gemütlich. Hinter dem Haus plärrt eine Disco vor sich hin. Es ist Wochenende.

Ich bin in Douala

Heute bin ich gereist. Das war ein langer Tag. Um 03:45 holte ein Tesla mich und Anna an der Felsenaustrasse ab. Die Türen gingen auf wie die Flügel eines Flugzeuges. Der Anzug des Gefährts, hammer!

Zusammen mit Astrid und Anna reiste ich nach Zürich. Kaffee im Spectacolo, Gepäck abgeben und schon kam der Abschied. Ich, ganz cool. Bis kurz vor Douala. Dort holperte und stolperte das Flugzeug und ich packte meinen Sitznachbarn am Arm (er hat jetzt vielleicht blaue Flecken). Dann flossen doch noch die Tränen.

Nun liege ich im Hotel auf dem Bett. Die erste Portion Afrika, der Flughafen, hinter mir, müde.

Morgen fahre ich weiter nach Koutaba.