Rote Füsse

Meine Füsse werden nicht mehr sauber, auch mit der Bürste nicht. Sie sind rot und bleiben rot. Ich weiss nicht so recht, ob ich den Rest von meinem Körper den Füssen anpassen soll, dann würden die Füsse weniger auffallen. Sie ist krass die rote Erde, sie ist überall. Wenn du ein Möbelstück berührst sind deine Hände rot, das Geschirr, das du seit mehr als einem Tag nicht gebraucht hast, rot, alles rot. Da hoffe ich doch, dass meine Füsse bis zum nächsten Sommer wieder ihre frühere Farbe zurück haben.

Kamerun und Covid. Wie ihr sicher gelesen habt, ist in Frankreich eine neue Variante aufgetaucht und wer hat sie gebracht? Ein Reisender aus Kamerun. Und dann wird auch noch behauptet, dass Kamerun ein Hochrisikogebiet ist. Und hier? Man merkt überhaupt nichts. Covid gibt es nicht, Covid ist kein Thema. Heute ist Markttag, die Leute wuseln dicht gedrängt durch die Stände, eigentlich wäre eine Maskenpflicht, aber auf tausend Leute tragen etwa drei eine Maske. Auf der Webseite vom Ministerium für Gesundheit, Minsante, gibt es einen Zähler, letztes Update, der 08.04.2021. Irgendwie ein wenig gruslig. Es ist unmöglich, abzuschätzen wie die Situation tatsächlich ist. Ich habe nicht Angst, dass ich schwer an Covid erkranke, aber ich möchte auf gar keinen Fall am 28. Januar mit einem positiven Testresultat in einem Hotel in Douala feststecken.

Und wenn man dann forscht, Covid Kamerun duckduckgot, dann landet man auf dem auswärtigen Amt der Deutschen und ein Plan zerschellt. Der Plan war, ich verbringe meine letzten Tage in Kamerun in Limbé am Meer. Nun wird aber vom 09.01. bis zum 09.02. der Afrika Cup ausgetragen und ein Spielort ist Limbé. Limbé liegt im anglophonen Teil des Landes, dort ist eine Art Bürgerkrieg im Gange. Eigentlich gilt Limbé als sicher, aber wegen den Spielen dort, rechnet man mit einem stark erhöhten Risiko für Anschläge. Kurz, das auswärtige Amt ratet dringend von einer Reise nach Limbé ab. Dabei hatte ich mich so gefreut. Limbé liegt am Mount Kamerun und soll sehr schön sein und die Strände sind schwarz.

Das heisst, entweder doch Kribi, das ist halt etwas weiter vom Flughafen und ich kenne es schon, oder ich bleibe einfach in Koutaba und verzichte aufs Meer. Wobei, baden im dreissig grädigen Wasser ist halt schon schön. Es bleibt noch Zeit zum Überlegen, bis dahin werde ich mich zu Covid so schlau wie möglich machen, wie schon gesagt, Quarantäne in Douala ist keine Option.

Ich habe mich heute nicht viel bewegt. Auf dem Markt, mit Maske, habe ich Becken, einen Teppich, den ich fürs Joga brauche, weil wenn ich das ohne Teppich mache, dann ist meine gesammte Vorderseite rot und grüne Auberginen, die jetzt wirklich Auberginen sind, einfach knallgrün, gekauft. Weiter habe ich ein Kurzkonzept zu den Gruppenkontrollen geschrieben.

Kurz ist wichtig. Wie ich schon erzählt habe, hängen im Centre Unmengen Praktikantinnen herum. Im Centre gibt es den Ausdruck eines Buches, ich druckte es bei meinem letzten Besuch hier aus, „wenn es keinen Doktor hat“. Ich zeigte es den Praktikantinnen und forderte sie auf, wenn nichts los ist, darin zu lesen. Sie lasen. Aber wie, mit dem Finger, laut murmelnd, Wort für Wort. Sie sind Quasianalphabetinnen, unmöglich so zu verstehen, was sie lesen. Das fiel mir schon vor drei Jahren bei Sherifa auf, sie stand vor ihrem Bac (eine Art Matur) und las auch genau so. Unsere Praktikantinnen waren alle in der Schule, sie haben also rein theoretisch lesen gelernt, aber praktisch anscheinend nicht. Zu allem Elend lernen sie in den Koranschulen und von denen gibt es hier immer mehr, auch noch arabisch zu lesen, etwas das ihnen hier, ausser um den Koran zu lesen, den es auch in einer guten französischen Übersetzung gibt, überhaupt nichts bringt. Auch die Pflegehelferinnen können nur sehr schlecht lesen und auch sie üben arabisch zu lesen, um den Koran im Original lesen zu können, was sie näher zu Allah bringt. Ich habe nichts gegen Arabisch. Wirklich nicht. Ich würde es auch gerne können, aber ich kann, in den für mein Leben wichtigen Sprachen, ziemlich gut schreiben und lesen, da hätte Arabisch noch Platz.

Appoline

Nun schreibe ich den Namen von Appoline endlich korrekt. Appoline ist schwanger, an meinem Geburtstag ist der errechnete Termin. Und Appoline wollte, dass ich die Schwangerenkontrolle mache. Wir mussten die Kontrolle mehrmals unterbrechen, zuerst kam eine Grossmutter mit einem kranken Mädchen, dann eine Familie mit einem kranken Jungen, dann brauchte die Pflegehilfe Hilfe beim Stecken einer Infusion und endlich konnten wir in Ruhe die Kontrolle abschliessen. Es ist nicht so, dass ich viel anders gemacht habe, als Appoline das auch täte, aber da und dort konnte ich Hintergrundwissen beisteuern, das Appoline fehlt und so war es ein wenig lerning by feeling.

Die Behandlungen hier machen schon etwas Angst. Der kranke Junge hat wahrscheinlich Masern. Masern ist, wie ihr hoffentlich wisst eine Viruserkrankung. Antibiotika werden bei bakteriellen Infektionen gegeben, sie bringen jedoch bei Viren überhaupt gar nichts. Für die Masern heisst das, dass man nur die Symptome behandeln kann, zum Beispiel hohes Fieber senken oder Kopfschmerzen mindern. In Kamerun sieht die Behandlung aber eine Antiobiotikatherapie, natürlich durch die Vene und noch eine Therapie gegen Pilze vor. Die Pilztherapie ist für den Fall, dass sich der Junge wundkratzt und eine Pilzinfektion bekommt, ehrlich? Könnte man nicht den Juckreiz behandeln und für eine angemessene Hygiene sorgen? Dass das nicht klappt, wird vom Ministère de Santé vorausgesetzt und entsprechend sind die Behandlungspläne. Das heisst, der Junge liegt jetzt im Centre, isoliert, mit Infusion.

Heute haben wir übers Kinderschlagen diskutiert. Die junge Mutter mit den Zwillingen hat einem von ihnen gedroht, dass er von Madame Suzanne geschlagen wird, wenn er nicht gehorcht. Ich schlage keine Kinder habe ich erklärt, Kinder soll man nicht schlagen. Das würde ich ganz falsch sehen, Kinder kann man nur mit Schlägen erziehen. Sie verstehen noch keine Worte, aber Schläge verstehen sie schon sehr früh und so lernen sie Respekt zu haben. Da gehen mir dann die Worte aus, wie erkläre ich ihr, dass man Kinder auch ohne Schläge erziehen kann, dass ein Kind immer das schwächste Mitglied ist und deshalb geschützt und nicht geschlagen werden muss? Ich habe es versucht, aber ich denke, da war vorallem der Gedanke, die spinnen die Schweizer.

Als ich noch in Langenthal arbeitete, habe ich mir im Ausverkauf so Teva-Sandalen, aber geschlossene, mit geschützten Zehen, gekauft. Die hatte ich schon lange und oft getragen und als ich vor knapp drei Jahren nach Koutaba kam, habe ich sie mitgenommen. Die Idee war, sie hier noch endgültig zu Boden zu laufen. Das passierte dann auch, der Leim löste sich und ich konnte sie nicht mehr anziehen. Aber ich war traurig, ich hatte viele Kilometer mit diesen Schuhen zurückgelegt. So ging ich hier zum Schuhmacher, er ist auf dem Markt, ausgerüstet mit starkem Nylonfaden und Nadel, und ich fragte ihn, ob man die Dinger noch flicken kann. Er fand, ja und hat mir die Teva-Sandalen rahmengenäht. Jetzt, fast drei Jahre und viele Kilometer später, ist die Naht an einer Stelle wieder aufgegangen und ich habe ihm die Schuhe wieder gebracht und er hat alle Nähte neu gemacht und ich kann weitere Kilometer zurücklegen, bis der Schuh dann irgendwann von unten her verschwunden ist. Ich habe so richtig eine Scheissfreude!

Noch kurz zu den auberginenähnlichen Dingen, die ich gestern gekocht habe, die heissen hier Prunes, was übersetzt Pflaumen heisst. Und sie werden gekocht und gegessen, also habe ich es nicht so falsch gemacht.

Auberginen

Man kann einen Tag auch von hinten aufrollen, oder nicht? Ich habe heute, und schon bin ich nicht mehr hinten, sondern es war am Morgen, so Dinger gekauft, von denen ich meinte, es seien Auberginen, ich habe sogar gefragt ob es Auberginen sind und ein Oui zurück bekommen. Gut, sie sahen aus wie Auberginen, die etwas zu klein, etwas zu verkrüppelt und etwas zu trocken geraten sind. Aber ich meine, das Klima ist ja schon anders und trocken ist es im Moment definitiv, dass Auberginen dann ein wenig anders aussehen als gewohnt, ist wirklich nicht verwunderlich. Wunderlich wurde es, als ich die Dinger aufgeschnitten habe, also vorhin. Das sind definitiv keine Auberginen. Innen sind sie hohl und die Wand ist ziemlich hart. Damit ich versuchen kann, was das ist, habe ich sie mal in die Bratpfanne getan und eine Weile gedämpft. Wegen drei G, geschält, gekocht, gelassen. Und dann habe ich es versucht. Es ist säuerlich, es ist leicht bitter und es ist zäh. Die Dinger kochen jetzt zusammen mit Reis, Tomaten (echte), Peperoni (auch echt) und Erdnüssen, falls sie nicht essbar sind, kann ich sie dann immer noch raussortieren.

Arbeiten wir uns weiter in Richtung heute Morgen. Ich wollte eigentlich vom Centre aus nach Hause laufen. Ich bin auch getartet, habe mich nur kurz verlaufen und bin umgekehrt und habe den richtigen Weg gefunden und bin weiter gelaufen, bis der Weg in einer Graswand verschwand. Da ich doch ziemlich Respekt vor den Schlangen hier habe, letzte Woche sah ich eine vor dem Centre, bin ich wieder umgekehrt und ein Stück zurück gegangen und habe einen neuen Weg ausprobiert. Der führte mich dann auf die Hauptstrasse und statt nach Hause zu laufen, habe ich dann halt ein Moto genommen.

Jetzt wird es spannend. Ich habe meinen Teller gefüllt. Ich esse jetzt von diesen Dingern, sie sind nicht schlecht, ein wenig säuerlich, ein bisschen zäh, aber nicht mehr bitter. Die Konsistenz erinnert an Oliven, der Geschmack vielleicht an Karden mit etwas Zitronensaft. Man kann sie definitiv essen.

Im Centre hatte ich heute eine Besprechung mit Apoline. Ich habe jetzt ein klareres Bild vom Alltag im Centre. Ich sage bewusst Alltag, weil genau das läuft, sie kommen, sie sind da und arbeiten wenn etwas zu tun ist, aber es gibt keine Prozesse, wenn etwas nicht geht, dann geht es halt nicht, wir sind schliesslich in Kamerun, das ist halt so. Ein Beispiel. Wir haben im Centre seit einer Woche keinen Strom. Eigentlich gibt es einen Generator. Der ist aber kaputt. Ich meine, das kann ja Mal passieren, aber über eine Woche? Das  darf nicht sein. Auch wenn Geburten bei Kerzenlicht romantisch scheinen, ich möchte nicht bei Kerzenlicht genäht werden und auch nicht bei Kerzenlicht nähen. Oder ein weiteres Beispiel. Im Centre gab es ein Telefon, dafür gedacht, Apoline zu holen wenn sie auf Abruf ist. Der Kredit vom Telefon wurde dann für Privatgespräche gebraucht und jetzt hat es kein Telefon mehr im Centre und Apoline wird nicht mehr geholt und die Pflegehelferinnen wursteln weit ausserhalb ihrer Kompetenzen. Schlussendlich geht es um Sicherheit. Strom muss verfügbar sein, ein Telefon funktionieren, die Kompetenzen klar definiert sein und Apoline braucht Unterstützung von einer weiteren diplomierten Pflegekraft. Kurz, wir müssen Prozesse definieren.

Einen ersten Schritt haben wir schon gemacht. Wir haben Stellenbeschriebe erarbeitet. Ein nächster Schritt wird ein Kompetenzenkatalog für die Pflegehelferinnen sein, denn für alle nicht diplomierten Pflegeleute gibt es so etwas nicht. Das liegt in der Kompetenz des Centres. Das wird Apolins Job sein. Sie kennt die drei Frauen und sie kennt die Gepflogenheiten. Und Omar habe ich zu Strom und Telefon die Leviten gelesen. Das ist sein Job. Und ich? Ich versuche diesen Prozess zu begleiten und wünsche mir viel Glück.

Ausflug

Um acht Uhr sind wir losgefahren. Ziel war der Stausee bei Magba. Die Strasse wird kurz nach Koutaba richtig gut, so wie eine richtige, echte Strasse. Zuerst ging es nach Foumban, dort residiert der Sultan, der König der Bamoun. Der alte Sultan, der der bei meinem letzten Besuch der Sultan war, ist diesen Sommer gestorben. Nun ist sein Sohn der Sultan. Er heisst übrigens Sultan und König, weil Sultan kommt aus dem muslimischen, aber die Bamoun sind nicht alle muslimisch, ein Teil sind christlich und ein Teil sind animistisch, deshalb bekommt er den Doppelnamen.

Von Foumban fuhren wir weiter in Richtung Nordosten bis wir nach etwa eineinhalb Stunden Magba erreichten. Dort erklärte Omar, dass wir seinen Onkel, den Kommissar besuchen müssen. Und so fragten wir uns zur Polizeiwache durch, angetroffen haben wir den Kommissar dann bei sich zu Hause. Sofort organisierte der Kommissar uns einen Polizisten, der uns als Fremdenführer zum Stausee begleiten sollte. Nicht dass es nötig gewesen wäre… und für unsere Rückkehr wurden wir zum Essen eingeladen.

Und weiter ging es auf dieser richtigen Strasse, noch ein paar hundert Meter, dann waren wir auf Piste und für die nächsten fünfzehn Kilometer brauchten wir länger als für die sechzig vorher. Aber es hat sich gelohnt. Der See ist sehr schön, voller Inseln, sehr verzweigt. Die Leute am See bewegen sich mit Pirogen, sie fischen und Handeln mit geschmuggeltem Diesel aus Nigeria. Im Markt am See war nicht viel los, der Markttag ist am Freitag, aber es war sehr, sehr schmutzig und der Müll waberte Richtung See. Das machte mich ein wenig traurig, der schöne See und dann die Müllufer. Und dann ein Schild im See, das den Kindern verbietet in den See zu brünzlen oder kacken – als ob es darauf noch ankäme.

Unser Polizist führte uns mit Stolz durch den Markt und zeigte uns als letztes noch die Polizeistation. Zurück nahmen wir einen anderen Weg, der führte uns durch Wälder mit Kaffeeplantagen. Das war das erste Mal, dass ich Kaffeepflanzen in echt, mit Kaffee dran, gesehen habe. Ohne Kaffee habe ich schon Pflänzchen, mit Betonung auf Pflänzchen, bei Wali gesehen. Aber die hier waren flache, stämmige Bäumchen.

Zum Essen gab es Couscous (das ist hier Polenta aus weissem Mais), grünes, leckeres Gemüse und Poulet mit einer Erdnusssauce. Es war sehr lecker. Und ich habe erfahren warum viele Bamoun muslimisch sind. Sie führten immer wieder Krieg gegen die im Norden und verloren immer wieder. Darum haben sie gefragt, warum seid ihr so stark. Weil sie Muslime seinen und viele Frauen hätten, deshalb seien sie so stark. Omar meinte später auf der Rückfahrt, dass er geschwächt wäre, wenn er viele Frauen hätte. Ich wollte von ihm wissen ob eigentlich die erste Frau bei der Hochzeit der zweiten Frau auch dabei sein müsse? Natürlich, sie holt die Braut in ihrem Elternhaus ab. Was haben euch die Frauen angetan, dass ihr so böse und gemein mit ihnen seid? Darauf hatte er keine Antwort.

Meist heisst es, das sei halt die Tradition. Aber leider werden viele Traditionen, die sinnvoll wären, aufgegeben, wie den Couscous in Bananenblätter einzuschlagen, statt in Plastik, wie Lehmhäuser zu bauen, statt Zementhäuser und gleichzeitig werden sinnlose Traditionen, die Menschen unterdrücken aufrechterhalten. Aber wahrscheinlich ist es bei uns ähnlich.

Auf der Heimreise mussten wir noch einen weiteren Besuch machen. Wir mussten noch den Grossvater von Omar besuchen. Und ich lernte eine neue Wunderlichkeit. Der Grossvater muss schon ziemlich alt sein? Der Grossvater ist schon lange gestorben, wir besuchen seinen Vertreter. Hää?

Also, wenn jemand stirbt, also wenn ich zum Beispiel sterbe, dann wird Dävu mein Vertreter. Er ist dann so etwas wie die Vize-Susle oder so. Er ist dann zuständig für alle meine Belange, sorgt für meinen Besitz und mein Ansehen. Omar vertritt seine Grossmutter, der Bruder Jaja, vertritt die Mutter und so weiter. Nicht dass ich das verstanden hätte, es ist ein wenig abstrakt.

Zurück in der Wohnung, habe ich mir ein schönes Stück Ananas zubereitet und eine leckere Avocado geschält und während ich hier rumgetippt habe, habe ich alles genüsslich gegessen. Das war super fein und sicher ebenso gesund.

Das Centre

Als ich vor zwei, zwei drittel Jahren aus Koutaba abreiste, arbeiteten im Centre die drei Pflegehelferinnen, Rafiatou, Ajara und Ramatou, die nicht diplomierte Hebamme Assana, die Laborantin Fatimatou und zwei Praktikantinnen, Fatima und Bijou. Im Laufe des nächtsen Monats kamen noch Apoline und Awa, die diplomierten Pflegefachfrauen dazu. Als Dänu in diesem Frühsommer (vielleicht war es auch Frühling, Covid hat mein Gespür für die Zeit etwas durcheinander gebracht) hier war, war die Stimmung im Centre sehr schlecht. Der Grund dafür waren zwei der Frauen.

Da war zum Einen Awa, seit über zwei Jahren verheiratet und immer noch kinderlos, die ihren Frust an Jeder ausliess, die mit einem Lätsch die Leute herumkomandierte, egal ob Patientin oder Personal. Awa war schon bei ihrem Vorstellungsgespräch nicht die Herzlichkeit in Person, aber leider hatten wir damals keine andere Wahl, da sie die einzige Bewerberin mit den, für die Eröffnung des Centres, notwendigen Papieren war. Die andere war Assana, über sie habe ich schon das letzte Mal oft geschrieben. Assana, die Prinzessin, die sich sicher nicht dazu herunterlässt mit dem gemeinen Volk auf Augenhöhe zu verkehren. Zudem verweigerte Assana den Nachtdienst und hatte auch für einfachste geburtshilfliche Fragen keine Antwort.

Mit Beiden wurden Gespräche geführt, Ziele definiert und die Ziele wurden von Beiden nicht erreicht und Beiden wurde gekündigt. Die Kündigung von Assana hat für das Centre keine weiteren Konsequenzen. Anders die von Awa. Sie ist der Grund für die Bewilligung des Centres. Ihre Papiere sind hintelegt.

Und nun der Sprung zurück in die Gegenwart. Da ich immer noch Gründe sammle, warum so wenige Patientinnen im Centre auftauchen, versuche ich mir ein Bild von der Situation zu machen. Und die ist immer wieder kompliziert. Um ein Gesundheitszentrum eröffnen zu können, braucht man eine staatlich diplomierte Pflegefachfrau. Zusammen mit dem Dossier müssen die staatlich beglaubigten Papiere dieser staatlich diplomierten Pflegefachfrau eingereicht werden. Das ist so nach meinem ersten Aufenthalt hier passiert. Darauf bekam das Centre, natürlich nach einigem hin und her, eine provisorische Bewilligung. Das heisst, das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, was übrigens der Grund dafür ist, dass das Centre noch nicht Impfen kann. Es braucht jetzt noch einen Arrêt Ministral, was auch immer das genau ist und den man für 300’000 schneller bekommt.

Nun haben der Delegierte für Gesundheit und Awa ausgehandelt, dass die Papiere von Awa im Centre bleiben bis dieser Arrêt kommt, wenn im Gegenzug das Centre Awa 100’000 CFA Miete bezahlt. Weigert sich das Centre, stehen wir wieder dort wo vor knapp drei Jahren und fangen von vorne an. Ich sage euch, Bürokratie kann sehr kompliziert sein. Und ob ich das System jetzt ganz verstanden habe, da bin ich mir nicht so sicher. Der Fünfer fällt immer wieder, aber er ändert dauernd die Richtung.

Apoline kann das Centre leider noch nicht übernehmen, da sie erst 2018 diplomiert wurde und die fünf Jahre Berufserfahrung noch fehlen.

Das ist, was ich heute gelernt habe. Verwirrend, kompliziert, unmöglich… Was die Menge der Patientinnen anbelangt, habe ich heute zusätzlich eine neue Theorie bekommen, von Omar. Die Leute wollen von einer diplomierten Pflegefachkraft behandelt werden und vorallem wollen die Frauen, wenn sie schon in ein Centre zur Geburt gehen, dort von einer gut ausgebildeten Person betreut werden. Da im Moment nur Apoline über diese Qualifikationen verfügt, kann genau das nicht gewährleistet werden. Und auch diese Theorie leuchtet ein.

Und dann waren wir spazieren und haben geträumt. Warum kein Frauengesundheitszentrum einrichten? Die Kranken müssten dann halt anderswo unterkommen, aber das wäre kein Problem. Laut Omar sind in den Spitälern in Foumban und hier in Koutaba neue Chefs und seither sei die Qualität gestiegen. Omar fand die Idee vom Frauengesundheitszentrum gut und war der meinung, dass sie möglicherweise auch im Dorf gut ankommen könnte. Wir malten uns aus, was wo sein würde, wie die Frauen unter dem Vordach im Kreis ihre Anliegen diskutieren, am langen Tisch gemeinsam essen und einen Ort haben, der ihnen und ihrer Gesundheit gehört.

Morgen mache ich mit Omar einen Ausflug zu einem Stausee, etwas nördlich von hier. Ich freue mich!

Fotos folgen hoffentlich. Das Internet ist Schei…