Der letzte Samstag

Ab heute wird jeder Tag der letzte … sein, es geht Schlag auf Schlag und ich fühle mich ein wenig gestresst, saubere Übergabe der Papiere, die ich fürs Centre geschrieben habe, Arbeitsanweisungen, Merkblätter, Leitlinien, Organigramm und was halt so nötig ist, letzte Instruktionen an Omar, Koffer packen, Wohnung putzen, letzte Einkäufe, Hybiskusblütensirup machen mit Zenabou, für sie, für Omar, fürs Centre, letzte Gespräche mit Apolline (der neuen IDE), die, oh Schreck, statt wie geplant am 03.06. erst am 10.06. anfängt, Organisation der Woche ohne Adlerauge Susle, Abschiedsessen oranisieren, der Chef du village hatte doch tatsächlich das Gefühl, dass er die Einladungen macht und seine Namhaften (Google Translater für Notable) einlädt, dem Chef endgültig klar machen, dass es mein Abschied ist und kein offizieller Anlass, noch eine Geburt leiten, und es kommt mir nichts mehr in den Sinn was ich noch muss, das ist gut, die Liste ist lang genug. Es ist Zeit nach Hause zu kommen, Chrigu hat genug vom alleine sein und ich auch, mir bleibt nur noch eine halbe Tafel Schokolade, eine Lindorkugel, ein paar Schoggichäferli, Kaffee und Honig hätte ich noch für länger, aber das Palmöl, das Omars Frau von Hand hergestellt hat (ökologisch und sozial unbedenklich) geht aus, der Reis ist fast gegessen, den letzten Orangensirup von Migros habe ich vorhin getrunken, die Haselnussstängeli sind schon länger verzehrt, die zweite Seife, die ich aus Charlottes Seifenmanufaktur mit auf die Reise genommen habe, wird dünner und dünner, ihr seht, es ist Zeit.

Ananas – bisher hat immer jemand anderes das Ding zerlegt.

Was etwas unangenehm ist, ist die Tatsache, dass ich den Ort nach halber Arbeit verlasse, der Aufbau hat gerade erst begonnen, alles steht noch auf wackligen Füssen, aber ich hoffe, dass ein Fundament da ist, auf dem weiter aufgebaut werden kann. Grundsätzlich sind wir anscheinend sehr gut gestartet, man spricht über uns, der Chef von einem der illegalen Centres in Koutaba kam heute zu einer Besichtigung und war sehr beeindruckt, dass wir schon zwei Geburten gehabt haben, er sagte, sie hätten nach der Eröffnung drei Monate auf die erste Geburt gewartet. Anscheinend ist es nicht normal, dass man von Anfang an Patientinnen und Patienten hat. Das spricht für uns. Trotz dem vielleicht ungünstigen Zeitpunkt für meine Abreise, wie schon gesagt, es ist Zeit.

Fast perfekt.

Im Parterre, ich wohne im ersten Stock, ist ein Fischladen eingezogen, und es stinkt, nach Fisch. Logisch? Nein, das ist nicht logisch wenn der Fisch gefroren ist, oder habt ihr schon erlebt, dass es bei Migros, oder Coop, oder vielleicht Aldi im Tiefkühlregal nach Fisch stinkt? Ich nicht. Angesprochen auf den Gestank, erzählte mir Omar den Weg des Fisches.
Zuerst ist der Fisch im Meer, dann nicht mehr, dann wird er nach Douala gebracht, dort wird er ausgenommen und eingefroren, später wird er in einen Lastwagen geladen, einen ungekühlten Lastwagen, in dem fährt der Fisch nach Bafoussam, er taut auf, in Bafoussam wird er aber sofort wieder eingefroren, aber Bafoussam ist noch nicht Koutaba, der Fisch muss weiter reisen, auf einem Pick-Up, er taut auf, aber angekommen in Koutaba wird er sofort in die Gefriertruhen gelegt, nur bleiben die Deckel offen, sonst sehen die Kundinnen und Kunden vor lauter Deckel den Fisch nicht mehr, und da der Gefrierprozess ohne Deckel etwas länger dauert, hat der Fisch reichlich Zeit zu stinken. Vielleicht wäre es Zeit für eine deftige Schlägerei mit dem Fisch, ich erinnere mich da an ein kleines Dorf in Aremorica, wobei dort konnten sie trotz Schlägereien, den stinkenden Fisch auch nicht vertreiben.

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