Der Kragen

Ich war lange geduldig. Ich, die ich eigentlich nicht zu Diplomatie neige, habe versucht mit Taktgefühl, mit Verständnis für die Traditionen, die kulturellen Unterschiede, Schritt für Schritt in Richtung Eröffnung zu gehen. Heute ist mir der Kragen geplatzt, bildlich, ich trage nämlich einen Rock mit weitem Ausschnitt, also egal wie dick mein Hals wird, der Ausschnitt kann nicht platzen.

Ajara, Mitarbeiterin des Centres und Tochter des Dorfchefs erzählte uns heute eine hübsche Geschichte. Vor einem Jahr, Ajara hatte gerade geboren und weilte fürs Wochenbett im Haus ihrer Mutter, bekam der Dorfchef Besuch. Es war nicht irgendein Besuch, es waren der Chef du District de la Santé, die Chefin vom Centre de Santé Intégré, ihr Chef, noch ein paar weitere aus der Gesundheit und die Königin (die erste Ehefrau vom Sultan). Der Grund des Besuches war, dass sie im neu errichteten Mbambeluh „vorübergehend“ das Centre de Santé Intégré unterbringen wollten. Der Dorfchef hat abgelehnt. So weit so gut. Aber keiner der Partner (die männliche Form ist hier absolut korrekt, denn die Frauen haben eh nichts zu entscheiden) hier in Kamerun kam auf die Idee, Dänu über diesen Besuch zu informieren. Meine Einwände, dass die Geschichte, in der wir jetzt stecken, dort ihren Anfang nahm, wurden als Vermischung von verschiedenen Sachen abgetan. Dass sie nicht informiert haben, sei zum einen, dass es keine Rolle gespielt habe und sie die Königin danach im Palast besucht hätten und diese ihnen versichert habe, dass sie sie verstehe und zum anderen, dass es hier viele Traditionen gebe, die mit uns nichts zu tun haben. Da bin ich ausgeflippt. Das schlimme ist, sie fühlen sich absolut im Recht. Reflexion ist hier ein Fremdwort, ich bin dann einfach die Weisse, die keine Ahnung hat und die man höflich toben lässt.

Frauenpower In Zukunft

Etwas Gutes hat die Geschichte aber trotzdem. Unter den Frauen haben wir nach der Erzählung von Ajara heftig diskutiert und uns allen wurde klar, dass die Zeit der Höflichkeiten vorbei sind. Sie fanden, die schlagen uns, dann schlagen wir auch sie.
Etwas später waren wir beim Dorfchef, der erzählte wieder etwas von höflich sein, von Applaus für die Herren der Regierung, wollte noch einmal mit dem Dossier zum Chef in Foumban gehen, und, und … aber da hatte er nicht mit den Frauen gerechnet. Äusserst lautstark und mit vielen Argumenten bekam er ihre Meinung zu hören. Leider alles in Bamoun. Aber zwischendurch erfuhr ich doch einiges, das Dossier noch einmal einreichen? geht es noch? vielleicht nimmt er es diesmal und dann geht es verloren, man muss direkt zum Delegierten in Baffousam, der soll seine Meinung mit Blickkontakt sagen und entscheiden, und so wie so, die meisten Centres haben keine Bewilligung, wir eröffnen und fangen an zu arbeiten. Dazu muss ich sagen, dass ich nur unter der Bedingung mithelfe, dass ich nicht im Knast lande. Aber alle sagen, dass bei einer Schliessung nur das Haus versiegelt wird. Anscheinend darf der Chef de District nur eröffnen, nicht schliessen, das wäre dann der Delegierte und der müsste dann alle informieren und das wäre gut, weil die Geschichte nicht mehr klammheimlich passieren kann.

Mein Fazit, lasst die Frauen an die Macht! Die haben viel mehr Mut und Schneid!

Ein Gedanke zu „Der Kragen“

  1. Frauen an die Macht, wäre nicht schlecht, ist auch meine Hoffnung! Und doch habe ich da noch meine Zweifel. Selbst in meinem engsten Umfeld kommen mir drei junge Frauen in den Sinn, die vor allem versorgt werden wollen……

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert