Kochbananen statt Bratwurst

Während ich bei meinem letzten Aufenthalt mehrheitlich Reis mit Gemüse und Erdnüssen gegessen habe, das heisst, alles in eine Pfanne und kochen bis der Reis weich ist, habe ich diesesmal Lust auf Abwechslung. Und darum gab es heute eine Rösti mit Bratwurst, glatt gelogen, mit Kochbananen gebraten wie Bratwurst an Zwiebelsauce. Es fühlte sich ein wenig wie zu Hause und auch ein wenig wie gar nicht zu Hause an. Ich glaube ich habe wieder einmal ein wenig Heimweh. Nicht so schlimm, wie das letzte Mal, es ist mehr eine Sehnsucht, die zum Glück durch euer Scheisswetter sogar noch ein bisschen gedämpft wird. Aber ich freue mich auf die Ruhe in der Felsenau, ich werde unseren autofahrwütigen Nachbarinnen in der ersten Zeit etliche unnötige Fahrten verzeihen. Der ewige Lärm hier setzt mir zu. Ich freue mich auf Spaziergängen darüber dass es ruhig ist, sauge die Ruhe richtig ein.

Ich frage mich, was es mit den vielen Menschen macht, die hier neben der lauten Strasse am Tag und der ebenso lauten Disco in der Nacht leben und diesem Lärm nie entfliehen können. Was es mit Kindern macht, die schon seit ihrer Geburt jede Nacht mit einem ohrenbetäubendem Bumm Bumm schlafen müssen. Heute haben Omar und ich einen Spaziergang gemacht und sind an der Disco vorbei gekommen, da habe ich ihm erzählt, dass ich den Lärm als Folter empfinde. Das französische Wort für Folter kam mir aber nicht in den Sinn und ich versuchte es mit Waterboarding zu erklären. Torture heisst Folter, der Übersetzer hat mir geholfen. Ich weiss, ich bin noch nie gefoltert worden, ich weiss dass ich den Lärm nicht ganz mit Folter vergleichen kann, trotzdem, ich würde für etwas Ruhe einige von euch verraten und alles zugeben.

Ich war heute nicht im Centre. Irgendwie haben Omar und ich so viel besprochen, dass die Zeit einfach davonlief und dann machten wir noch einen Spaziergang zur Schule wo die Pflegehelferinnen ausgebildet werden, wobei dort kein Mensch war, was ich mir schon gedacht hatte, es sind nämlich Schulferien, aber das machte nichts, es war ein schöner Spaziergang. Das ist übrigens eine lustige Schule. Es gibt einen grossen Schulraum mit sehr vielen Schulbänken und vorne einer Bühne und dort werden Pflegehelferinnen, Schreiner und Maurer ausgebildet. Anscheinend zum Teil gleichzeitig im gleichen Raum. Neben dem Schulgebäude stand, das heisst es steht jetzt nicht mehr richtig, es liegt eher, ein kleineres gemauertes Gebäude, das mit seinem Fundament in der Erde versinkt. Entweder lehren sie in der Maurerabteilung der Schule das Fundament bauen nicht, oder die ganze Ausbildung steht auf einem wackligen Fundament.

Der Grund, warum wir bei dieser Schule vorbei gegangen sind, war die Idee, dass das Centre junge Frauen darin unterstützt, diese Schule zu besuchen. Im Moment ist es so, dass drei der tausend Praktikantinnen so genannte Lernende sind. Sie lernen ein wenig das Handwerk der Pflege und bekommen dann vom Centre eine Bestätigung. Damit können sie aber nachher überhaupt nichts anfangen. Jedenfalls nicht nach unseren Massstäben. Omar fand es durchaus wertvoll, da sie durch diese „Ausbildung“ gewappnet sind für das Hausfrauenleben und dort für die Pflege der Angehörigen. Und somit landeten wir wieder einmal beim Leben der Frauen hier. Als Frau brauchst du einen Mann, sonst musst du im Elternhaus bleiben und du musst Kinder gebären. Wenn du keine Kinder gebärst, dann holt sich dein Mann halt weitere Frauen. Traditionen. Und die Frauen haben keine Chance hier auszubrechen, ausser sie hatten das Glück eine gute Ausbildung zu geniessen und sind bereit wegzuziehen und ihr Glück in einer Stadt zu suchen. Das mit der Ausbildung ist aber so eine Sache, die kostet, man muss Schulgeld bezahlen, man muss Lehrgeld bezahlen und das heisst, wenn in einer Familie ein Kind eine Ausbildung geniessen kann, ist es meist männlich.

Ich hoffe ganz fest, dass die Arbeit im Centre für die Frauen einen kleinen Unterschied macht, dass sie etwas mehr Macht über ihr eigenes Leben bekommen.

Ein Gedanke zu „Kochbananen statt Bratwurst“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert