Frida

Beginnt man am Anfang des Lebens oder am Ende? Frida, sie war für lange Zeit ein sehr wichtiger Teil unseres Lebens. Sie ist uns immer und fast überall hin gefolgt, das erste Mal in Aarau, als sie erst ein Paar Stunden mit uns zusammen war, eine kleine Wurst mit kurzen Beinen, die uns gefolgt ist. Sie ist an der Cèze ins Wasser gekommen und uns nachgeschwommen, sie sass in einer Einkaufstasche und begleitete mich im Zug nach Langenthal, sass im Körbchen auf unseren Fahrrädern und liess die Ohren im Wind flattern, Frida begleitete uns auf ausgedehnten Velotouren, schlief mit uns im Zelt und zu Hause in unseren Betten.

Frida war klein, ausser im Bett und auf dem Sofa, da hat sie sehr viel Platz gebraucht, unmöglich konnte sie längs zwischen Chrigu und mir liegen, es musste quer sein. Wenn sie gestreichelt werden wollte, nervte sie so lange, bis… Frida entschied wann sie gestreichelt und gehätschelt werden wollte, nicht wir, da hat sie sich erfolgreich herausgewunden und etwas Abstand genommen. Wir haben sie geliebt, verwöhnt und so gut wie möglich geschaut, dass es ihr gut geht. Und Frida war treu, hat uns immer stürmisch begrüsst und gejammert und gegrunzt und alles erzählt. Nach Hause kommen hiess, zuerst Frida, erst danach Chrigu oder ich, wenn aber Frida nach Hause kam, dann war es zuerst der Fressnapf, erst danach und auch nur eventuell Chrigu oder ich. Liebe geht halt auch durch den Magen, das kann ich nur bestätigen.

Sie war ein so genannt pflegeleichter Hund, ausser wenn der Jagdtrieb anschlug, da war sie weg. Einmal, im Tessin, ist sie einem Geissbock hinterher gejagt, der hat das Spiel aber umgekehrt und Frida hat sich hinter uns versteckt. Sie war auch eine Schlampe, sie hatte einige Freunde, die sie mal umschwärmt hat und dann wieder angegriffen und zurecht gewiesen. Sie hat einigen Hundemännern den Kopf verdreht und sie nach ihrer Pfeife tanzen lassen.

Chrigu und ich konnten Frida einfach beim Schlafen zusehen, dabei ist uns das Herz fast geschmolzen, wir waren so verliebt in dieses kleine Wesen. Ich kann nicht sagen wie viele tausend Mal wir gesagt haben: „Si isch so härzig!“ Es war wirklich eine tiefe Liebe. Frida war zwischendurch bei Dävu, Nérisa und den Kindern oder bei Wali und wir haben sie immer vermisst und uns gefreut, wenn sie wieder nach Hause kam. Sie war ein Mehrfamilienhund und hat gerne mit den Kindern gespielt, oder ist zusammen mit ihnen auf dem Sofa rumgefläzt, sie hat mit Wali lange Spaziergänge gemacht und hatte bei ihm ihre eigenen Goodirituale, Nérisa wusste um das mit der Liebe und dem Magen und hat immer für ein Festmahl gesorgt und Dävu schaute, dass es ihr im Familientrubel gut geht.

Frida war sehr zäh. Wenn sie verletzt war, war es schwierig abzuschätzen, ob und wie stark sie Schmerzen hatte. Sie ist uns dann einfach auf drei Beinen gefolgt. Wenn sie krank war, hat sie trotzdem versucht bei uns zu sein, uns zu folgen. Bis gestern war Frida ein wichtiger Teil unseres Lebens, seit gestern wird sie ein wichtiger Teil unserer Erinnerungen, wir werden sie sehr vermissen und wir sind sehr traurig.
Fridas ganzer Bauch war entzündet und sie hatte grosse Schmerzen, sie bekam Opiate, die reichten aber nicht gegen die Schmerzen. Darum ist sie gestern ein letztes Mal eingeschlafen und gestorben.

Es ist schrecklich, es ist schrecklich, weil ich bin hier in Kamerun und Chrigu in Bern, wir können uns nur über das Telefon trösten. Chrigu hat mir noch Fotos von Frida geschickt und einen kleinen Film, ich habe gesehen wie sie leidet und das hat mir geholfen zu verstehen, dass Frida nicht mehr da sein wird wenn ich zurück komme. Es ist traurig.

Ferien

‏Es gibt nicht mehr viel zu schreiben. Ich mache tatsächlich Ferien. Ich war am Strand spazieren, habe mich auf dem Markt mit Früchten eingedeckt, Ananas, Wassermelone, Grapefruit, Manderinli, klitze kleine und natürlich Avocados. Dann habe ich noch Bier gekauft, weil hier in der Bar ist es zu teuer. Die kleine Terrasse vor meinem Zimmer ist ein wenig mein zu Hause geworden. Es ist schön!

Ich wollte euch noch wegen Frida schreiben, sie ist immer noch im Spital, sie hat eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Morgen wird ein Ultraschall gemacht und geschaut wie es in ihrem Bauch aussieht. Es ist krass, wie einem ein Hund ans Herz wachsen kann, ich mache mir grosse Sorgen um sie und hoffe, dass sie wieder auf die Beine kommt. Trotzdem schaffe ich es, das hier zu geniessen, es ist sehr friedlich und letzte Nacht habe ich herrlich geschlafen. In der Nacht ist es auch nicht mehr ganz so heiss, am Tag tropfe ich zwischendurch, aber dann gehe ich ein wenig ins Meer und dort werde ich noch mehr aufgewärmt.

Etwas will ich aber noch erzählen. Im Hotel gibt es eine Anleitung, unter anderem mit Sicherheitshinweisen. Dort steht an oberster Stelle, dass man nicht unter die Kokospalmen gehen soll, da diese mit Kokosnüssen um sich werfen. Gestern am Abend beim Essen, nicht unter einer Kokospalme, aber neben einer, warf diese tatsächlich eine Nuss herunter und die klatschte mit einer riesen Wucht auf den Boden und die Kokosmilch verspritzte ziemlich weit. So ein Ding möchte man tatsächlich nicht auf die Birne kriegen.

Heute spielt Kamerun den Achtelfinal, gegen die Commoren, wieder irgendwelche Inseln und hier habe ich keine Karte von Afrika, ich könnte zwar googeln, aber die liegen sicher irgendwo im Meer. Hier im Hotel sind nicht viele Leute, es wird wohl nicht die grosse Party werden, dabei haben sie einen Beamer, in Koutaba standen die Leute bei den Fussballspielen vor kleinen Bildschirmen eng zusammen, aber wie schon gesagt, das Bier hier in der Bar ist einfach zu teuer, da hilft auch ein Beamer nicht.

Kribi

Wir sind angekommen. Das war eine sehr lange Reise. Um sieben, heute früh, sind wir losgefahren, unterwegs haben wir uns noch von Mimi, Omars Frau, und Abdulah, mein Chauffeur bei der letzten Kribifahrt, verabschiedet. Irgendwann vor Douala haben wir Soja gegessen, sind recht gut durch Douala gekommen und waren um halbsechs in Kribi. Ich bin fast die Hälfte der Strecke gefahren, bin tausenden von Löchern ausgewichen, habe Lastwagen überholt und fand es von Kilometer zu Kilometer immer kuuler zu fahren. Es ist ein wenig wie Rally!

Nun sitze ich vor meinem Hotelzimmer, höre die Wellen, die Grillen, den Fernseher mit einem Achtelfinalspiel und die Klimaanlage. Hier ist es heiss, düppig heiss. Ich war schon im Meer und das Wasser war warm wie im Thermalbad. Das hat mich zusätzlich noch müde gemacht, die Arme und die Beine sind schön schwer, jetzt bekomme ich dann noch etwas zum Znacht und hoffentlich ein kühles Bier und dann ist alles perfekt. Leider ist Frida krank, sie hat Fieber und Bauchschmerzen und Chrigu musste sie zum Tierarzt bringen und sie muss dort bleiben, das macht mir etwas Sorgen. Die Reise war lang, ich bin müde, darum höre ich auf zu schreiben, es kommt sowieso nur noch Matsch heraus.

Gepackt

Nach einer richtigen Scheissnacht, die Zwiebeln und die Peperoni in meinem Reis, später in meinem Magen und noch später in meinem Darm, waren der Asicht, sie müssten sich in Form von Gas bemerkbar machen, also, nach einer Scheissnacht habe ich gepackt und meine Kleider gewaschen. Wir wollen morgen um sieben Uhr losfahren, das wird eine lange Reise und ein langer Tag.

Und ich war beim Dorfchef um mich zu verabschieden, das macht man so. In seinem Haus waren etliche Frauen am Koran lesen, es hat wie Singen getönt, aber das sei nicht Singen, das sei Lesen, wurde ich belehrt. Sie waren am üben, denn am ersten Samstag im März sollen sie vorlesen, vor dem Haus des Chefs wird dann ein Zelt für die Frauen, ein Zelt für die Männer und ein Zelt für die geladenen Gäste aufgestellt. Die Terrasse des Chefs wird die Bühne sein, alle werden von Kopf bis Fuss weiss angekleidet sein, die Frauen auch über dem Gesicht. Ich weiss nicht warum hier was gefeiert wird, aber deswegen sind die Frauen am üben und deswegen sitzt der Chef vor seinem Haus. Dann kommen die Frauen aus dem Haus, sie haben ausgeübt und die Leselehrerin setzt auf ihren Hidschab einen Cowboyhut.

Der Chef dankte mir für meine Arbeit, er war begeistert von der Gruppenkontrolle, die Frauen hätten sich äusserst positiv geäussert und es sei schön, wenn ich da sei, dann würden im Dorf neue Ideen diskutiert und das heisse, dass es vorwärts gehe. Das war Balsam! Danke Chef.

Nach dem Chef habe ich seine Tochter Ajara im Centre besucht, sie tratschte über die Entlassung von Awa, dass alle im Dorf sie geliebt hätten, dass sie nicht verstehe wieso sie entlassen wurde, dass sie dermassen gut gewesen sei, und, und, … ich leitete das Geschwätz eins zu eins an Omar weiter, er war nicht erstaunt, Awa habe die Hilfen einfach machen lassen und ihnen nicht auf die Finger geschaut, anders Appoline, sie kontrolliert die Arbeit der Hilfen und grenzt ihre Kompetenzen ihren Fähigkeiten entsprechend ein, das passt Ajara nicht, immerhin ist sie die Tochter des Chefs, also auch ein wenig Chefin. Tratsch ist international.

Und weiter ging es zu Appoline, sie hat für mich etwas gekocht, Fleisch mit Kockbananen, es war sehr fein. In ihrem Wohnzimmer sassen die Nachbarskinder vor dem Fernseher, sie haben zu Hause keinen, der kleine Brendan (vielleicht heisst er anders, eventuell Irham oder Lama oder eben Brendan) setzte sich, gut gelaunt und frisch geduscht auf meinen Schoss und nannte mich abwechslungsweise Mamma und Papa. Appoline hat alle Medikamente, die nicht in den Kompetenzen der Hilfen sind, aus dem Schrank genommen und separat eingeschlossen. Das finde ich sehr, sehr gut! Noch eine kleine Geschichte zu den Töchtern vom Chef: Der Chef war leidend, er hatte Husten, der Chef hat einen insulinpflichtigen Diabetes, die lieben Töchter gingen zu ihrem leidenden Vater und steckten ihm sofort eine Infusion mit einer potenten Mischung aus Antibiotika, Pilzmittel, Schmerzmittel, und jetzt kämen die Spekulationen. Der Chef blieb leidend, es wurde nicht besser, Appoline und Omar forderten ihn auf zum Arzt zu gehen, das tat er dann endlich. Man hatte vor kurzem seine Diabetesmedikamente gewechselt, eine mögliche Nebenwirkung der neuen Medikamente ist Husten. Der Arzt hat alle Medikamente abgesetzt und etwas anderes gegeben, und der Chef ist nicht mehr leidend.

Wenn wenig los ist im Centre, das ist anscheinend im Septemeber der Fall, heisst es das sei wegen dem Schulanfang, die Leute hätten kein Geld. Aber die werden doch trotzdem krank und brauchen eine Behandlung? Sicher, aber sie kommen nicht, es sind im September drei Kinder gestorben, weil die Eltern zu spät reagiert haben. Scheisse!

Ob ich morgen schreibe weiss ich noch nicht. Zuerst wollen wir mal in Kribi ankommen und dann weiter schauen.

Das Kochen hat sich gelohnt

Ich war schon ein wenig nervös. Die Frauen sind sehr schnäderfrässig hier, sie trauen nur ihrem Essen. Am liebsten essen sie Couscous, das eine weisse Maispampe ist, mit Sauce. Dann noch Soja und gebratene Kochbananen, auch möglich ist Reis mit Sauce. Spaghetti ist schon ein wenig exotischer, geht aber auch, mit der gleichen Sauce wie für den Couscous oder den Reis. Dazu kommen noch Süssigkeiten, vorallem eine Art Berliner ohne Konfi, dafür mit extra viel Zucker. Eine Tomatensauce, das ist schon sehr, sehr speziell. Ausserdem habe ich mit meinen Reispfannen, von denen sie meinten, sie seien im Gout fein, aber die Konsistenz, Gemüse in grösseren Stücken und dann noch die Erdnüsse, das gehe schon nicht, also ich habe mit diesen Reispfannen ihre Skepsis noch angeheizt.

Es war wie ein Umzug heute, wir luden eine riesige Bolo-Pfanne ins Auto, eine weitere grosse Pfanne mit Volere, das ist Hibiskustee (oder Karkade), den ich mit Zitrone und für mich reichlich Zucker aromatisiert habe, das Extremscharf, das ich gestern produziert habe, Besteck, Salz, Öl, Zucker, vierundzwanzig Fläschen Jus (zuckerhaltiges Pläterliwasser) und drei Kilo Spaghetti. Unterwegs kamen noch fünf Brote und eine grosse Wassermelone dazu.

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Angekommen im Centre, wurde von den Anwesenden sofort ein kritischer Blick in meine Bolo geworfen und ich konnte ein erstes Mal aufatmen. Das riecht lecker. Dreizehn Uhr war fürs Essen abgemacht, der Letzte, Jaja kam gegen fünfzehn Uhr. Aber ich habe gelernt, etwa viertel nach eins waren die ersten Spaghetti fertig und obwohl die Frauen fanden man müsse warten, fand ich, wir müssen essen, wenn es noch heiss ist und sowieso müssen wir wieder Wasser kochen und die zweite Hälfte der Spaghetti und die, die zu spät kommen haben dann auch wieder warme Spaghetti. Dann haben sie geschöpft und geschöpft und geschöpft. Die Teller waren überübervoll und meine Bolo wurde gerühmt und sie haben gegessen und als die zweite Ladung fertig war, haben sie noch einmal geschöpft und gegessen, zum Glück habe ich wirklich viel gekocht. Wir waren dreizehn Erwachsene plus vier Kinder und es war ein wenig als ob sie für die nächsten Wochen voressen müssten, dabei sind sie direkt weiter zu einer Hochzeit gegangen. Es war so richtig schön.

Ja, ich bin ein wenig traurig, dass die Zeit hier zu Ende geht. Es war gut und wir haben viel gelacht, aber ich freue mich auch, endlich wieder berndeutsch zu schnore, das ist schon einfacher. Zwischendurch will ich etwas sagen und da kommt mir nicht einmal mehr das deutsche Wort in den Sinn, das sind dann die Momente wo ich mir ein wenig sehr dumm vorkomme. Morgen ist aufräumen und putzen angesagt und am Sonntag wollen wir um sieben losfahren. Ab nach Kribi, dort habe ich ein Bungalo am Meer und kann baden und lesen und heute in einer Woche sitze ich um diese Zeit, Inshallah, in Kairo am Flughafen und harre aus, bis der Flieger startet und mich nach Zürich bringt.

Kochen

Ich koche und koche und koche… Es hört irgendwie nicht auf. Aber von vorn. Zuerst waren wir beim Metzger, ich hatte Omar gefragt ob er mich begleitet, weil ich wusste, dass ich sonst ohne Fleisch zurück komme. Weiser Entscheid! Die Metzger, warum die diesen Titel tragen dürfen ist mir ein Rätsel, sind in der Strasse vor dem Markt, einer nach dem anderen, ein Eldorado für Fliegen. Ohne Begleitung würde ich die Bude des Ersten anschauen und es würde mich grausen, beim Nächsten ginge es mir nicht besser, sondern ein wenig schlechter und so ginge ich von Metzger zu Metzger, ich hätte noch nichts gekauft und beim Letzten wäre es mir so schlecht, dass ich auf einen Fleischkauf verzichten würde. Omar kennt einen der Metzger und findet ihn gut. Das ist sehr gut, weil so wird er der erste und der letzte Metzger sein, zu dem ich gehe. Und es graust mich nur. Es graust mir vor den Fliegen, es graust mir vor den Fleischstücken, die überhaupt nicht aussehen wie bei uns und es graust mich vor den vielen Böschwänzen (die, die auch die Bökühe haben). Was tut also ein Metzger hier? Er killt zuerst das Tier, das machen sie bei uns übrigens auch, dann nimmt er die Machete und zerhackt es in Stücke, irgendwie. Die Stücke heissen dann Charré, tönt nobel, ist es aber nicht. Ausserdem kann man auch noch Innereien haben, beliebt sind Därme, die werden gebraten und sehen aus wie Calamares, sind aber überhaupt nicht fein und eben die Schwänze, die braucht man für Ochsenschwanzsuppe, die gibt es bei uns von Knorr, aber ich denke auch bei Migros.

Warum habe ich Fleisch gekauft, ganze zweieinhalb Kilo? Morgen gibt es im Centre ein Abschiedsessen und für Gäste kocht man Fleisch. Zurück in der Wohnung musste ich das Fleisch bearbeiten, über eine Stunde lang habe ich Sehnen, Fett und so Schlaberzeug weggeschnitten. Das Bororomesser, das ich auf dem Viehmarkt gekauft hatte und von dem Omar behauptete, es sei sehr scharf, war unbrauchbar. Ich bräuchte jetzt ganz dringend eine Nackenmassage, weil die Schneiderei hat alles verspannt. Und was koche ich? Spaghetti Bolo ohne Käse, dafür mit Scharf. Darum habe ich auch noch ganz viele Tomaten gekauft, die zum Teil voller Würmer waren und die Schneiderei noch ausgedehnt haben und ich habe eine Ladung Paprikaschöttchen gekauft, die ich zuerst gerüstet habe und mit denen ich zum Zerquetschen noch einmal auf den Markt gegangen bin und die ich nun noch entwässern muss und mit Öl anreichern. Drei Kilo Spaghetti habe ich natürlich auch noch gekauft und noch ganz viel Getränke und Hibiskus, der jetzt auf dem Kochherd steht und der zu einem leckeren Drink verarbeitet werden will. Ihr seht, ich koche, koche, koche…

Ich weiss, euch interessiert meine Einladung gestern. Ich habe das beste Huhn ever gegessen! Wali, es tut mir schrecklich leid, aber dein Poulet ist auf den zweiten Platz gerutscht, aber du kannst nichts dafür. Ich werde mich weiter extrem freuen, wenn du ein Poulet für mich machst. Der Grund, warum du nicht mehr gewinnst ist, das Poulet hier ist viel „chüstiger“, das Fleisch ist auch weniger weiss, es ist satter, anders. Omar und seine Frau Mimi haben mir ein Poulet aus ihrer eigenen Zucht vorgesetzt, dazu gab es gebratene Kochbananen, frittierte Kartoffeln und Avocado, alles Bio, von ihrem Grundstück. Es war lecker! Ich habe zusammen mit Omar und Mimi gespiesen, die Kinder waren zuvor schon mit Mais gefüttert worden, ein bisschen gemein, aber so ist das halt.

Omar wohnt im Moment im Haus seiner Grossmutter, das Haus ist ziemlich klein, aber ok. Ich habe natürlich nur das Wohnzimmer gesehen, das ist hier überall der erste Raum, wenn man ein Haus betritt. Im Gegensatz zur Wohnung hier, gibt es dort Sofas, dafür keinen Esstisch. Aber ganz ehrlich, wenn ich nicht für beides Platz hätte, ich hätte auch Sofas. Das Essen schmeckt auch auf einem Sofa hervorragend, während das chillen ohne Sofa, auf extrem unbequemen Holzstühlen, linde gesagt, anstrengend ist.

Omar holte noch seinen Hahn aus dem Schlaf. Ein Riesenhahn, er kommt ihm bis zu den Knien. Eine kleine Geschichte: Eine Nachbarin kommt zu Omar und bedankt sich bei ihm. Wofür? Warum? Dein Hahn. Er hat meine Henne begattet und ich konnte zwei Hähne verkaufen und bekam fünftausend dafür, etwa viermal mehr als normalerweise.

Hinter diesem Haus ist Omar am Bauen, er will ein eigenes Familienhaus. Die Fundamente stehen schon und er hat schon eine grosse Menge an Backsteinen aus der roten Erde produziert, und die ersten Betonsäulen zur Stabilisierung gegossen. Er will das Haus zweistöckig bauen, oben ein Zimmer mit Küche, Bad und Terasse, damit ich das nächste Mal nicht mehr neben der Disco schlafen muss und trotzdem Unabhängig bin, natürlich auch für andere Gäste. Es war schon Nacht als er mir den Bauplatz gezeigt hatte, der Mond war fast voll und sehr schön, ich habe ihn bisher noch gar nicht gesehen, da ich in der Nacht zu Hause bin. Und bei der Rückkehr zum Haus, was rannte dort, immens riesig vor uns weg? Nein, es war keine Maus, es war eine mutierte Monsterratte, ehrlich, ich dachte zuerst an ein Wiesel, aber der Schwanz… die kommt aus dem Busch, aber wir haben im Quartier eine Katze, war Omars Kommentar.

Filmen

Ich muss mich beeilen mit schreiben. Ich bin bei Omars zum Znacht eingeladen.

Heute haben wir gefilmt. Es war lustig. Alle waren nervös, auch Omar, der kleine Schweisströpfchen auf der Stirn und tatsächlich auch nicht mehr ganz eine volle Stimme hatte. Der Journalist, Mohamed, kam fast pünktlich. Er arbeitet bei einer privaten Fernsehstation und er nahm seine Arbeit sehr ernst. Das Mikrofon, das er dabei hatte musste immer tip top ausgerichtet sein, damit alle genau sehen wer hier filmt.

Als erstes gingen wir zu Rafiatou nach Hause. Sie hatte sich so richtig herausgeputzt. Sie hat sich gut überlegt was sie sagen will. Unter einem grossen Mangobaum wurde sie dann gefilmt. Und sie hat ihre Sache gut gemacht. Und weiter zu Ramatou, die war nicht zu Hause. Sie kommt in zehn Minuten, also zu Bijou, auch herausgeputzt! Auch sie hat sich überlegt, was sie sagen will. Ramatou, nicht herausgeputzt, hat sich überlegt, dass sie gerne im Centre arbeitet. Das haben wir dann, mit ein paar Fragen noch etwas spezifischer beantwortet bekommen. Dann haben wir im Centre weitergedreht, mit Ajara, die gestern mehr Lohn verlangt hatte und heute sagte, wie zufrieden sie mit ihrem Lohn sei, mit Fatimatou, die sich ins Labor gestellt hat und Appoline im Acceuil. Und die Praktikantinnen wollten das Filmen filmen, aber Mohamed wurde wütend, das sei geheim. Na dann. Zuletzt kam Omar an die Reihe, er stand mit dem Rücken zum Centre, für eine schöne Sicht darauf.

Jetzt müssen die Filmchen nur noch zu mir kommen. Mal schauen ob wir das schaffen, Mohamed hat schon versucht Geld daraus zu machen, aber er ist irgendwie in unserer Schuld, wie weiss ich auch nicht und will es auch nicht wissen, darum wird er wohl kein Geld daraus schlagen können.

Im Centre läuft übrigens seit zwei Wochen wieder viel mehr und es hat im Moment immer mindestens eine Person im Spital. Heute durfte die kleine Schwester vom Masernbuben nach Hause, sie war überglücklich. Jetzt liegt noch eine Frau im Spital mit Malaria. Sie hat extrem viele Enkel, die sie im Pulk besuchen. Wenn sie aus dem Krankenzimmer kommen, denkt man eher an ein Schulzimmer, das sich leert. Aber so lebt das Centre und das ist wichtig.

Der kleine Brandon, der wahrscheinlich gar nicht so heisst, war heute auf meinem Schoss eingeschlafen. Danach wollte er mich nicht mehr verlassen und ich musste ihn schreiend übergeben. Aber er hat sich dann beruhigt.

So, jetzt bereite ich mich auf meinen Ausgang vor. Den ersten, seit ich hier bin. Abendeinladungen sind hier nicht die Regel und in die Disco will ich definitiv nicht gehen.

Bö-Markt

Ich war auf dem Viehmarkt! Mitten durch hunderte von Bös bin ich gegangen, das ist einerseits faszinierend und andererseits angsteinflössend. Die Viecher sind zwar erstaunlich ruhig und gehorchen gut, aber immer wieder gibt es ein Bö, das nervös wird und losrennt und da mache ich dann schon fast in die Hosen. Aber die Bororo haben das im Griff, sie bleiben ruhig und bringen das Tier zurück. Und was mir erst heute bewusst wurde, es sind nur Munis, die in den Herden sind, es hat schon auch ein paar Kühe, die zum Verkauf stehen, aber die sind einzeln, separat, die Munis die sind alle für die Metzgerin bestimmt. Und heute Abend habe ich die Bös dann wieder getroffen, als sie auf ihrem Weg nach Baffousam in den Schlachthof, durch Koutaba gezogen sind. Wenn die wüssten… Noch ein kurzer Exkurs zu diesem Weg. Am Strassenrand wachsen Büsche, die kommen aus dem hohen Norden von Kamerun, die Bös scheissen die hier an den Strassenrand.

Man kann auf dem Viehmarkt auch Ziegen und Schafe kaufen, die sind günstiger. Dann gibt es noch Stoff, Medikamente, Henna, rotes Öl, Seife, Mais und viel Essen zu kaufen. Überall wird gebraten und gekocht und dann sind hier auch viele traditionelle Heiler, die ihre Wurzeln, Kräuter und Pulver verkaufen. Die Bororo vertrauen mehr auf die Heiler als auf die Schulmedizin. Messer, Macheten, Seile, Männerkleider, Plastikschuhe und Tierärzte, fast alles gibt es auf dem Viehmarkt.

Was schade ist, das Areal ist sehr schmutzig. Eigentlich müsste die Gemeinde Foumban dort aufräumen, aber sie kassieren nur die Gebüren und tun nichts dafür. Es gibt kein Wasser, das müssen die Köche und Köchinnen im Bach, einen steilen Hang hinunter, holen, es gibt keine Toiletten und das obwohl die Verkäuferinnen genau für diese Infrastruktur eben diese Gebüren bezahlen. Es ist etwa so schmutzig, wie wenn während sechs Gurtenfestivals alles liegen gelassen würde, du gehst statt auf der Erde auf einer dicken Schicht Pet.

Bis zum Abend sind meist alle Bös verkauft. Die Käuferinnen kommen sogar aus Gabun und aus allen Regionen Kameruns. Das Fleisch ist sehr beliebt. Falls ihr jetzt denkt, das sind alles Fleischfresser hier, das ist überhaupt nicht so. Fleisch ist recht teuer und deshalb sind die Portionen sehr klein.

Am Nachmittag war dann Sitzung im Centre. Wir machten eine Nachbesprechung der Gruppenkontrolle. Und sie haben geredet und wollen das gerne weiter führen. Sie fanden es angenehm und auch gut, dass man durch das Einladen der Frauen auch die mitnimmt, die noch nicht zur Kontrolle gegangen sind. Abweichend vom Modell „Centering Pregnancy“ wird die Gruppe gemischter sein und laufende Ein- und Ausstiege werden möglich sein. Es hat, obwohl alle dauernd schwanger sind, sonst zuwenige Schwangere um fixe Gruppen mit ähnlichem Schwangerschaftsalter zu bilden. Aber da alle aus dem selben Dorf kommen, sind sie sich nicht so fremd, wie das in einer Stadt der Fall wäre.

Und wir haben einen ersten Take gedreht. Kreischende Frauen. Das tönt gemein, ich weiss. Leider habe ich es bisher nicht geschafft einen Film hochzuladen, aber irgendwann…

Und morgen drehen wir mit dem Journalisten. Ich bin ein wenig nervös!

Und zu guter letzt, die Rucksäcke sind fertig!

53. Minute Ausgleich Cap Verde

Kamerun spielt wieder. Vor dem Haus ist es deshalb relativ ruhig und hinter dem Haus dröhnen die Fernseher, in englisch, in französisch. Auf dem Markt lief das Radio mit zwei Kommentatoren, einer sprach englisch, der andere französisch. Kamerun führte 1:0 bis zum Ausgleich durch Cap Verde. In der Wohnung hängt zum Glück eine Afrikakarte, ich musste ein wenig suchen bis ich Cap Verde fand. Für alle Geografiebanausen wie ich, Cap Verde liegt vor dem Senegal und Mauretanien, es ist mindestens eine Insel, sieht eher nach drei oder mehr aus.

Ich habe Erdnüsse geröstet und bin auf den Markt gegangen um sie zu mahlen. Ich musste etwas suchen, man hatte mir gesagt, ich könne sie am Eingang des Marktes mahlen, aber das ist relativ und ich wusste nicht wie das Gerät aussieht. So fragte ich die Frau, bei der ich Tomaten gekauft hatte und sie kam mit mir. Es handelt sich um einen Handfleischwolf, der aber statt Löcher eine Platte hat, dort werden die Erdnüsse am Rand herausgedrückt. Zu zweit haben sie meine Erdnüsse durchgedreht. Das war nicht einfach, sie haben den Fleischwolf auf einen kleinen Schemel geschraubt und der wollte nie an Ort bleiben. Nun habe ich ein Erdnussmuss und ich habe es schon unters Essen gemischt. Es ist lecker!

Heute habe ich mir Geld geschickt. Statt nach Foumban oder Foumbot zur Bank zu fahren, habe ich mich entschieden das Geld mit Western Union zu überweisen. Die wollten wissen ob ich mich kenne und in welchem Verhältnis ich zu mir stehe. Es hat Fall geklappt.

Ich arbeite weiter am Drehbuch für unseren Werbefilm. Ich habe mich noch ein wenig informiert über solche Filme. Drei Minuten sind zu lang, es sollen nur zwei sein. Und dabei gäbe es so viel zu sagen, aber wie heisst das dumme Sprichwort, das mit der Kürze und der Würze, wobei, das andere mit der Morgenstund ist auch Mist. Es geht also um die Löhne und Löhne kriegt man für Arbeit, also geht es um Arbeitsplätze und es geht darum was ein anständiger Lohn bewirkt. Das versuchen wir jetzt in zwei Minuten zu packen. Und dazu noch die nötigsten Informationen zum Projekt. Am Mittwoch wollen wir drehen.

Der Schlusspfiff ist gepfiffen. 1:1 Kamerun gegen Cap Verde. Es ist ruhig vor dem Haus. Und der Strom ist weg.

Auf den Feldern

Ich habe gestern Omar gefragt ob er mir heute sein Reisfeld zeigt. Darum waren wir auf den Feldern unterwegs. Es hat Erinnerungen hervorgerufen, Erinnerungen an die Regenzeit und an meinen Versuch in den Wald mit den Affen zu gelangen. Ein Versuch, der das erste Mal kläglich am Wasser gescheitert ist und mit unglaublichem Muskelkater in den Beinen und Arschbacken belohnt wurde. Er ist auch das zweite Mal gescheitert, diesmal nicht am Wasser, ich trug Gummistiefel, diesmal an Ameisen, von denen Milliarden über uns hergefallen sind und uns mit einem mörderischen Brennen am ganzen Körper belohnt hatten. Das zweite Mal war Omar dabei. Affen habe ich hier nie gesehen, auf jeden Fall keine auf den Bäumen mit Fell. Heute war es nicht nass, es ist Trockenzeit, wobei der Bas-Fond, ich habe immer gedacht es heisst Bafond und wollte eigentlich nachschauen was das bedeutet, aber es ist ganz einfach „tiefer Grund“, eben der ist auch jetzt noch ziemlich feucht. Das Gemüse wird auf Hochbeeten angepflanzt, nicht solche wie bei uns, die Beete sind einfach hoch und dazwischen ist ein Tal, dort fliesst dann das Wasser.

Die Äcker sind überall verstreut, es wächst viel Unkraut und sieht ziemlich chaotisch aus. Aber der Bas-Fond ist sehr fruchtbar, die Erde ist schwarz, sonst ist alles rot, aber dort liegt Erde vom erloschenen Vulkan, dort wo ich das letzte Mal hinaufgestiegen bin. Auf einem Acker waren zwei Männer am umgraben. Das Werkzeug ähnelt dem Putzwerkzeug, es hat viel zu kurze Stiele. Der Rücken lässt grüssen.

Die Felder von Omar sind weit verstreut, das liegt an der Vererberei, das ist ein wenig wie in Portugal, dort haben die Leute auch überall ein kleines Feld. Das Erbe wird durch die Kinder geteilt, wobei die Männer das Doppelte bekommen. Omar und Jaja haben ihrer Schwester gleichviel gegeben, wie auch sie bekommen haben. Dass die Felder derart verstreut sind, heisst lange Märsche. Das ist nicht besonders praktisch. Omar hat ein paar Felder an Bauern ohne Land ausgeliehen, sie müssen nichts bezahlen, aber während sie dort pflanzen, pflegen sie den Boden und es hat weniger Unkraut. Nachdem wir die Ländereien abgegangen waren, sind wir auf der anderen Seite der Strasse auf einen Hügel gestiegen, es war sehr steil und wir gingen mitten durch die Sträucher und Gräser, ich erwartete irgendeinmal einen Weg, aber da war keiner, und es ging genau so steil, wie rauf, auch wieder runter. Das war ziemlich anstrengend und rutschig und es gab Gräben und Abhänge und der Boden war mit Asche übersäät, weil die Bororo das Gras abgebrannt haben und ich war schwarz von Kopf bis Fuss und meine Beine sind ein Kratzmosaik.

Zurück zu Hause hatte ich sehr, sehr schwere Beine und die Füsse, die ich gestern am Abend ewig geschruppt hatte, waren kohlenraben schwarz und ich musste sie zuerst in einem Becken einweichen.

Das Leben hier ist irgenwie schon beschissen. Einerseits ist es sehr fruchtbar, alles wächst, Bohnen kann man zum Beispiel vier Mal im Jahr ernten, Bananen gibt es immer, es wächst Reis, Mais, alles Gemüse, Ölpalmen (genau, die vom Palmöl) und sogar Datteln wachsen. Aber ohne Startkapital und das hat hier niemand, kommst du nie auf einen grünen Zweig. Omar hat zum Beispiel letztes Jahr die Samen für den Mais auf die Seite gelegt, aber wegen Corona wurde alles teurer und der Mais hat nicht gereicht und die Familie wollte essen und so haben sie die Samen halt auch gegessen. Seit Dezember bekommt Omar einen Lohn als Projektleiter, vorher hat er diese Arbeit zum Wohl des Dorfes ohne Bezahlung gemacht, mit dem ersten Lohn ging er sofort Samen kaufen. Ich habe die ersten Bohnen gesehen.

Ich bin froh, dass Omar jetzt einen Lohn bekommt. Er leistet sehr viel für das Projekt und der Lohn entlastet ihn, er kann jetzt anderen einen Lohn bezahlen, die dafür auf seinen Feldern arbeiten und so profitieren mehrere Familien vom Lohn von Omar. Er verdient umgerechnet etwa 230 CHF pro Monat und er arbeitet an sechs bis sieben Tagen pro Woche für das Projekt. Er steht etwa um fünf Uhr auf, geht aufs Feld und ist gegen acht wieder zu Hause, dort bricht er auf um im Centre zu schauen wie es läuft, fährt dann zum Nähatelier und schaut dort ob alles gut ist, geht für Beide, Centre und Nähatelier Einkäufe tätigen, organisiert Sitzungen mit den Frauen, schaut dass alles funktioniert, bringt die Schwangeren zum Ultraschall, die Kranken, die eine Ärztin brauchen ins Spital, kontrolliert die Wasserqualität der Brunnen, macht die Buchhaltung, und…

Das Essen hier ist sehr günstig für mich, aber zum Beispiel das Benzin kostet gleichviel wie bei uns. Das heisst, dass Transportkosten relativ hoch sind. Das ist der Grund warum in einen PW sieben Fahrgäste plus Chauffeur hinein gestopft werden, anders könnte die Fahrt gar niemand bezahlen. Ein klappriger Toyota, der bei uns schon zwei-, dreihunderttausend Kilometer gefahren ist, kostet hier noch gegen viertausend Franken. Und genau darum kommt man ohne Startkapital oder einem regelmässigen Lohn nie auf einen grünen Zweig.